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Die Hirnwasserkammern des erwachsenen Menschen (siehe Anatomie) enthalten 150 - 200 ml Hirnwasser (medizinisch: Liquor). Diese Flüssigkeit wird aus speziellen Filtersystemen (medizinisch: Plexus choroideus) aus dem Blut als nahezu wasserklare Flüssigkeit abgepreßt und in die Ventrikel ausgeschieden.

Der gesunde Erwachsene produziert ca. 500 ml Liquor pro Tag, also wesentlich mehr als in die Ventrikel hineinpaßt.

Daher ist es verständlich, dass genau die gleiche Menge an Liquor auch wieder vom Körper in die Blutbahn zurückresorbiert wird.

Von seiner Produktionsstätte fließt der Liquor durch die inneren Hirnwasserkammern des Gehirnes (Ventrikel), um am 4. Ventrikel im Bereich des Stammhirnes über 3 enge Kanälchen aus dem Inneren des Gehirnes an dessen Oberfläche zu gelangen. Das gesamte Hirn "schwimmt" praktisch in Hirnwasser. Der Liquor, der das Hirn außen umgibt, befindet sich in den äußeren Liquorräumen (Bereich zwischen knöchernem Schädel und Hirnoberfläche.

 

Ein Hydrocephalus entsteht immer dann, wenn die Liquorproduktion und Resorption nicht im Gleichgewicht miteinander stehen.

Abgesehen vom extrem seltenen Plexuspapillom (ein Hirntumor), bei dem tatsächlich eine Überproduktion von Liquor stattfindet, ist die Ursache des Hydrocephalus meist eine gestörte Rückresorption des Liquors.

Warum kann es zum Rückstau von Liquor kommen ?

Der Liquor gelangt gar nicht zu den Orten seiner Resorption (Paccionische Granulation), da die Passage dorthin gestört ist. Diese Passagebehinderung kann an zwei verschiedenen Punkten auftreten:

innerhalb der Hirnwasserkammern (Okklusionshydrocephalus)

nach dem Austritt des Liquors aus den Hirnwasserkammern durch Passagestörungen in den äußeren Liquorräumen, die das Hirn umgeben, oder durch einen direkten Schaden der Strukturen, die den Liquor in die Blutbahn zurückresorbieren sollen (kommunizierender Hydrocephalus). Ist die Ursache direkt den Liquorresorptionsorten zuzuordnen, so spricht man auch vom mal- oder aresorptiven Hydrocephalus 

 

 

Ursache eines Hydrocephalus

  1. Vermehrte Liquorproduktion: sehr selten, kommt beim Plexuspapillom (Hirntumor) vor

  2. Gestörter Abfluß oder gestörte Rückresorption des Liquors in den Blutkreislauf

 

Angeborene Fehlbildungen: Chiari-Malformation, Dandy-Walker-Malformation, offenes Rückenmark (Spina bifida / Meningozele / Meningomyelozele)

Angeborene Aquäduktstenose

Tumore und Zysten, die den freien Abfluß des Liquors behindern (z.B. Kolloidzysten, Arachnoidalzysten, Lipome u.a. Tumore der Pinealisregion, Hypophysentumore, sonstige Hirntumore)

Gefäßmalformationen, die die freie Passage des Liquors stören oder den Druck in den Venen des Schädelinnern erhöhen und damit die Liquorresorption erschweren (fließender Übergang zum Pseudotumor cerebri = Benigne intrakranielle Hypertension)

Hirnblutungen / Ventrikelblutungen / Subarachnoidalblutung

Hirninfarkte im Bereich der hinteren Schädelgrube oder in der Nähe des Aquädukts

Hirnhautentzündungen jeder Art / auf Infektionen beruhende Hirnzysten (Zystizerkose)

Postoperativ: insbesondere nach Eingriffen an der hinteren Schädelgrube, selten bei Eingriffen am Großhirn

Nach Hirnbestrahlung, insbesondere, wenn die hintere Schädelgrube bestrahlt wurde (z.B. tritt ein Hydrocephalus bei 10 - 20% aller Patienten auf, die wegen eines Akustikusneurinoms mittels Gamma-knife bestrahlt wurden)

Neurosarkoidose

bei spinalen Tumoren: durch erhöhtes Liquoreiweiß ?, durch erhöhten venösen Druck ?, durch gestörte Passage des Liquors zu den im Bereich des Rückenmarkkanals gelegenen Liquorresorptionsorten

 

 

Klinisches Erscheinungsbild

das klinische Erscheinungsbild des Hydrocephalus kann sehr unterschiedlich sein, je nachdem, um welche Art des Hydrocephalus es sich handelt und wie schnell er sich entwickelt hat und letztlich natürlich auch durch die Höhe des Hirndruckes bestimmt werden. Man kann grob drei Kategorien von Hirndruckzeichen abgrenzen:

  1. Hirndruckzeichen
  2. Zeichen des Hirnabbaus
  3. sonstige Zeichen

Bei einem Patienten können sich durchaus auch Mischbilder von klinischen Zeichen der akuten Hirndrucksteigerung und Zeichen des chronischen Hydrocephalus mit Hirnabbau nebeneinander finden.

Hirndruckzeichen

Das klinische Bild wird dadurch bestimmt, dass der Druck im Kopf deutlich erhöht ist. Meist tritt dies bei sich rasch entwickelnden Krankheitsbildern auf. Zur Kompensation der sich aufweitenden Hirnwasserkammern wird Flüssigkeit zwischen den Hirnzellen aus dem Schädel abgeführt und die Venen im Gehirn werden ausgepresst. Besteht dieser Zustand kurzfristig, so werden dabei nur wenige Hirnzellen geschädigt, da die Hirnzellen im Kopf nur dichter beieinander liegen.

Beim Vorliegen von Hirndruckzeichen kann höchste Eile geboten sein, da jenseits eines bestimmten Hirndrucks die Hirndurchblutung global beeinträchtigt wird und das Gehirn sich letztlich sogar aus dem Schädelinnern in den Rückenmarkskanal der Halswirbelsäule vorquetschen kann. Dies kann lebensbedrohlich sein !!!

Typische klinische Zeichen der akuten Hirndruckerhöhung sind:

Kopfweh (im Frühstadium nur im Liegen, also über Tag besser werdend, später dauerhaft)

Übelkeit / Erbrechen (oft Nüchternerbrechen)

Nackensteifigkeit

Sehstörungen, Papillenödem: Schwellung des Sehnerven

Augenbewegungsstörungen / Fehlstellung der Augen / plötzlich auftretendes Schielen

Ataxie

Bewußtseinsstörungen bis hin zur Bewußtlosigkeit

Cushing Reflex: Blutdruck hoch, Herzfrequenz niedrig

Störung der Atmung, atypische Atemmuster

Erhöhte Irritabilität: Lichtscheu, Geräuschempfindlichkeit

 

Zeichen des Hirnabbaus

Bei einem chronischen Hydrocephalus mit nur intermittierend erhöhtem Hirndruck kann die Entwicklung klinischer Symptome äußerst schleichend, - fast unbemerklich -, voranschreiten. Der Mechanismus, der hier zu den Ausfallserscheinungen führt, dürfte vielgestaltig sein und ist im Einzelfall oft nicht sicher zuzuordnen. Einerseits führt ein intermittierend erhöhter Hirndruck sicher mit der Zeit zu einer direkten Schädigung von Hirnzellen und zu deren Untergang. Da im Rahmen der Aufweitung des Ventrikelsystems die intrakranielle Architektur sich verändert und mit ihr die Wandspannung der Ventrikelwände und die im Gewebe entstehenden Schwerkräfte an den Nervenzellen nehmen diese bei der Aufweitung der Ventrikel direkt Schaden. Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt scheint zu sein, dass der Hirnstoffwechsel leidet. Es bleibt unklar zunächst, ob die direkte Kompression der Nervenzellen dazu führt, dass der Stoffwechsel beeinträchtigt ist, oder ob es sich um eine Folgeerscheinung der um die Ventrikel verminderten Hirndurchblutung handelt. Letzteres konnte nämlich sicher nachgewiesen werden. Bei einem chronischen Hydrocephalus ist die Durchblutung des Hirngewebes um die Ventrikel schlecht. Dies ist auch einfach zu verstehen, da im Rahmen der intermittierenden Druckerhöhung auch die kleinsten Blutgefäße, die das Hirngewebe, dass die Ventrikel unmittelbar umgibt, zusammengepresst werden. Alle Hirnzellen, die von solchen zusammengepreßten Blutgefäßen versorgt werden sollen, werden dann in Mitleidenschaft gezogen und gehen mit der Zeit unter. Besonders kritisch ist dies natürlich, wenn es sich um Patienten handelt, die bereits eine Vorschädigung des Gefäßsystems haben, z.B. eine Arteriosklerose, die bereits zu einer Einengung der Gefäße per se führte. Dies dürfte auch die Schnittstelle sein, wo Patienten, die nebeneinander einen chronischen Hydrocephalus und eine Gefäßerkrankung der Hirngefäße haben besonders gefährdet sind.

Beim chronischen Hydrocephalus muß man also im Gegensatz zum akuten Hydrocephalus, bei dem das Hirngewebe zwar zusammengequetscht wird, aber die Hirnzellmasse erhalten bleibt, davon ausgehen, dass mit der Zeit Hirngewebe irreversibel verloren geht. Es entsteht also eine hydrocephale Hirnatrophie !

Daher werden auch nach Normalisierung der Hirndruckwerte die Ventrikel nicht mehr auf eine normale Weite zurückgehen. Es fehlt einfach Hirngewebe !

Diese Tatsache, dass beim chronischen Hydrocephalus Hirngewebe irreversibel verloren geht, ist auch dafür verantwortlich, dass bei langem Bestehen des Krankheitsbildes sich nicht mehr alle Funktionen, die gestört waren, normalisieren können.

Wie kommt es dann überhaupt dazu, dass beim chronischen Hydrocephalus in 50 - 80% d.F. noch eine Verbesserung des klinischen Zustandes eintritt ?

Man unterscheidet die funktionelle Hirnschädigung und die strukturelle. Bei der funktionellen Hirnschädigung führen Mangeldurchblutung und Druck auf dem Gewebe dazu, dass die Hirnzellen ihre Funktionen nicht mehr ausüben. Die Schädigung ist aber noch nicht so ausgeprägt, dass diese Hirnzellen absterben und damit für immer verloren gehen, letzteres wäre als strukturelle Hirnschädigung zu betrachten. Nur die Zellen, die als Struktur noch vorhanden sind, aber ihre Funktion nicht mehr ausüben, können sich nach einer Therapie des Hydrocephalus wieder mit der Zeit erholen. Das Problem ist, dass man vor einem Eingriff auch an Hand der besten Computer- oder Kernspintomographie nicht sagen kann, wie viel Hirngewebe irreversibel (strukturell) geschädigt ist und wie viel Gewebe nur in seiner Funktion gestört ist. Rein klinisch führt beides zu den gleichen Ausfallserscheinungen. Somit kann man auch an Hand des klinischen Bildes kaum eine Vorhersage machen, ob und wie ausgeprägt eine klinische Erholung sein könnte.

Typische klinische Zeichen des chronischen Hydrocephalus sind:

Gangstörung / Schwindel

Inkontinenz (beginnend mit Urge-Inkontinenz bis zum kompletten Verlust der Kontrolle über Harn und Stuhl

Demenz (beginnend mit Konzentrationsstörung / Merkfähigkeitsstörung bis hin zum Verlust aller höheren geistigen Fähigkeiten), Lethargie

(M.Parkinson - ähnliche Symptome)

(psychiatrische Erkrankungen)

(Anfallsleiden)